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Ingenieure: Interview mit Jakub Jeskowiak

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Ingenieure: Interview mit Jakub Jeskowiak

Ist das Reserverad das „fünfte Rad“ am Wagen? Was das Erfolgsrezept bei Aircom für einen jungen Designer ist (und warum es Mut braucht) und wer mit Kanonen auf Spatzen schießt. Das alles wird der erfahrene Ingenieur Jakub Jeskowiak, Teamleiter Produkt- und Wirtschaftsingenieurwesen bei Aircom, erzählen.

Sie sind direkt nach Ihrem Studium zu Aircom gekommen.

Grundsätzlich ja. Während meines Studiums habe ich einige Praktika gemacht. Direkt vor Aircom habe ich unter anderem in einer Firma gearbeitet, die Möbel und Stahlelemente für Einkaufszentren herstellt. Ich beschloss, dass das Entwerfen von Möbeln und Kleiderbügeln nicht das war, was ich in meinem Leben machen wollte (lacht). Ich habe Aircom dank meines damaligen Mitbewohners gefunden, der ein Stellenangebot von der Firma erhalten hatte. Er war nicht verfügbar, aber ich schon (lacht). Und so begann mein Abenteuer bei Aircom.

Sie haben 2014 angefangen hier zu arbeiten.

Ja, das waren die ersten Jahre von Aircom in Polen. Damals hatten wir hier nur eine Produktionslinie, das erste Premium-Kompressorenmodell für den VW-Konzern. Das war die Zeit, in der wir auch den Hochleistungskompressor für Porsche Cayenne und VW Touareg fertigstellten. Seitdem hat sich bei Aircom viel verändert, angefangen bei der Anzahl der Mitarbeiter im Jahr 2014 und heute. Diese hat sich mindestens verdreifacht und die Größe der Produktionshalle ist jetzt doppelt so groß. Sicherlich war es damals noch familiärer. Im Grunde kannten sich alle Produktionsmitarbeiter beim Namen. Wir hatten auch noch nicht so viele Laborgeräte und Werkzeuge wie heute. Wir mussten wirklich unseren Kopf nutzen um unsere Konstruktionsannahmen mit den damaligen Mitteln zu verifizieren. Aber trotz allem haben solche Old-School-Methoden beim Bau von Prototypen den gewünschten Erfolg gebracht und uns umso zufriedener gemacht. Heute geht es deutlich einfacher und schneller. Wir haben verschiedene Messgeräte, Prüfstände, 3D-Drucker und CNC-Werkzeugmaschinen, die uns helfen, Produkte effizienter zu entwickeln.

Nennen Sie uns einige Wendepunkte in der Entwicklung des Unternehmens während der letzten fünf Jahre hier?

Der Produktionsstart der ersten Generation Premium-Kompressor war ein Meilenstein in der Entwicklung von Aircom, da er eine stabile Finanzierung der nachfolgenden Investitionen sicherstellte. Die nächste wichtige Etappe war die Einführung einer neuen Generation desselben Produkts. Dieser kleinere, leichtere, effizientere und kostengünstigere Kompressor hat dem Unternehmen geholfen, die Hälfte des europäischen Marktes zu erobern. Meiner Meinung nach ist der neue Premium-Kompressor das technisch beste Produkt, wenn man den weltweiten Wettbewerb berücksichtigt. Aufgrund seiner großartigen Abmessungen, seiner Leistung und seines Gewichts scheint er ein Produkt zu sein, das sich selbst verkauft. Der neue Premium-Kompressor geht über die Vorgaben unseres Kunden, des VW-Konzerns, hinaus. Nach dem Motto: „Definiere den Standard“ machen wir immer mehr als der Kunde von uns erwartet.

Wie lange hat es gedauert bis Sie die Vorgaben, die Ihnen der Kunde gemacht hat, zu erreichen (und sogar zu übertreffen)?

Mit jedem abgeschlossenen Projekt gewinnen wir an Erfahrung, was uns erlaubt, bei der Entwicklung neuer Produkte Zeit zu sparen. Es kommt darauf an, ob es sich bei dem Produkt um die nächste Generation des bestehenden Geräts handelt oder ob wir etwas völlig Neues entwickeln. Wenn wir auf eine bestehende Struktur zurückgreifen, sie analysieren und einzelne Bereiche verbessern, dann brauchen wir etwa ein Jahr. Ein komplett neues Produkt zu entwickeln – wie zum Beispiel einen Kompressor zum Anheben von Sitzen – erfordert jedoch mehr Arbeit, etwa 2 bis 3 Jahre.

Wer war der Erfinder Ihres ersten Kompressors?

Dieser Kompressor wurde von polnischen Ingenieuren in Pietrzykowice entwickelt, deren Arbeit von Herrn Straub koordiniert wurde. Man kann sagen, dass er unser Mentor ist und zugleich auch die Person, die den größten Einfluss auf die Form dieses Produkts hatte. Derzeit ist Herr Straub als Sachkenner und Berater bei uns tätig, der verschiedene Korrekturen vornimmt und wertvolle Tipps gibt. Er ist der Vater der Entwicklungsabteilung bei Aircom.

Wissen ist nicht alles für einen Designer. Wenn man die Gesetze der Physik, der Mechanik und der Mathematik gut versteht, ist das toll, aber die Theorie reicht nicht aus. Man braucht Praxis, und Herr Straub ist ein sehr erfahrener Ingenieur. Ich hatte das Glück, dass er mich zu Beginn meiner Karriere bei Aircom persönlich in die Geheimnisse der Kompressoren eingeführt hat. Herr Straub ist ein sehr anspruchsvoller Lehrer, dem man trotzdem gerne zuhört. Die Erfahrung, die er mit uns teilt, trägt Früchte in unserer Konstruktionsarbeit. Die Zusammenarbeit mit ihm ermöglicht es uns, unabhängig zu werden und uns beruflich weiterzuentwickeln. 

Wie schätzen Sie die Position von Aircom auf dem globalen Automobilmarkt ein?

In der Branche ist eine spürbare Verlangsamung zu verzeichnen. Ich denke da zum Beispiel an Deutschland, was unser Hauptmarkt ist. Im Hinblick auf eine mögliche Krise ist die Automobilindustrie eine der ersten, die die Auswirkungen zu spüren bekommt. Während eines wirtschaftlichen Abschwungs beginnen sowohl die Unternehmen als auch die Gesellschaft zu sparen. Obwohl der Verkauf von Neuwagen in solchen Momenten zurückgehen kann, was sich auf die Versorgung mit Reifenreparatursets auswirkt, machen unsere neuen Kunden die Verluste wieder wett. Und Aircom ist ein Unternehmen, welches eine florierende Vertriebs- und Entwicklungsabteilung hat, die neue Lösungen für den Markt anbieten. Dadurch gewinnen wir ständig neue Märkte, nicht nur in Europa, sondern auch in Asien.

Außerdem treten Sie vermehrt im Einzelhandel auf.

Das ist richtig. Das ist ein weiteres Marktsegment, das wir erschließen werden. Ich sehe hier eine große Entwicklungschance. In Krisenzeiten kann der Einzelhandel eine echte Einnahmequelle sein, weil die Leute billigere (sowie leichtere und effektivere) Lösungen bevorzugen, zum Beispiel ein Reifenreparaturset statt eines Ersatzreifens. Erinnern wir uns daran, dass unsere Sets schon seit einigen Jahren in neuen Automodellen herumfahren und jetzt werden die Kunden genau das gleiche Set – entweder den Kompressor selbst oder mit dem passenden Dichtmittel zusammen – als separates Produkt kaufen können.

Eine weitere Chance für Aircom ist der Eintritt in den chinesischen Markt. Es ist ein Markt, der so mächtig ist wie der gesamte europäische Markt. Ich denke also, dass Aircoms Krisenvision keine Bedrohung darstellt. Wir befinden uns bereits in einem solchen Stadium der Unternehmensentwicklung, dass uns kein wirtschaftlicher Abschwung aufhalten kann – wenn er überhaupt eintritt (lacht).

Sie sehen also eine große Zukunft für Reifenreparatursets (lacht).

Auf jeden Fall! Aus der Sicht des Designers ist es unmöglich, nicht zu bemerken, dass wir dank des Sets Platz im Auto sparen. Wir werden das große Reserverad los, welches das Fassungsvermögen unseres Kofferraums begrenzt. Beide Elemente des Sets, das bedeutet der Kompressor und das Dichtmittel, wiegen deutlich weniger als der Reifen. Diese Lösung ist nicht nur technisch effizienter, sondern auch billiger in der Herstellung, wodurch der Preis des Autos auch für den Endverbraucher erschwinglicher wird.

Aus Sicht des Anwenders wiederum ist eine solche Lösung äußerst komfortabel. Eine Person, die noch nie einen Reifen gewechselt hat, könnte eine solche Herausforderung nicht bewältigen – erst recht nicht in einer stressigen Situation. Diese Behauptung unterstützt übrigens die Forschung. Notsituationen treten meist plötzlich auf. Der Fahrer hält das Auto dort an, wo er kann, nicht wo er will. So stehen Sie zum Beispiel an einem unbefestigten Straßenrand, wo die Verwendung eines Wagenhebers zum Reifenwechsel gefährlich sein kann. Außerdem ist der Reifenwechsel selbst mit erheblichem Kraftaufwand verbunden, erst recht, wenn die Schrauben verrostet sind.

Die Alternative hierzu ist unser Reifenreparaturset. Man nimmt es aus dem Auto, schließt es auf der einen Seite an den Zigarettenanzünder und auf der anderen Seite an den Reifen an und schaltet das Gerät ein. Nach etwa 10 Minuten ist der Reifen abgedichtet. Wir folgen der Anleitung, dichten den Reifen ab, legen dann das Set wieder in den Kofferraum – und fertig! Wir müssen nichts weiter tun und können weiterfahren. Das ist definitiv eine viel einfachere Option für den Durchschnittsnutzer als der Wechsel des gesamten Reifens.

Der nächste Aspekt ist der Umweltaspekt. Der Einfluss des Sets auf die Umwelt ist deutlich geringer als bei einem Ersatzreifen. Das Gewicht des Kompressors mit dem Dichtmittel ist um ein Vielfaches geringer und führt direkt zur Reduzierung der Kohlendioxidemissionen bei.

Wird das Reserverad in naher Zukunft zu einem Luxusprodukt oder wird es komplett vom Markt verdrängt?

Es kommt auf den Geschmack der Anwender an. Sie prägen den Markt. Wenn also die Nachfrage nach Reserverädern nicht abnimmt, werden sie sicher weiterhin bei Neuwagen dabei sein. Aufgrund der vorangegangenen Argumente sehe ich aber, dass der globale Trend genau umgekehrt ist. Die Automobilhersteller legen ihren Autos ab Werk immer seltener einen Ersatzreifen bei. Das liegt daran, dass die Digitalisierung seit Jahren voranschreitet und die Autos immer mehr Elektronik und Zusatzgeräte haben, während die Größe des Fahrzeugs mehr oder weniger gleich bleibt. Die Ingenieure sind ständig auf der Suche nach zusätzlichem Platz. Es gab auch schon sogenannte Klappräder – wir nutzen diese zum Beispiel in unserem Test-Touareg. Es ist offensichtlich, dass die Industrie auf diesem Gebiet nach einer Lösung sucht und das Reserverad ist eigentlich das fünfte Rad am Wagen.

Und hier bietet sich unser Set als Alternative an. Eine revolutionäre Lösung, weil wir plötzlich viel Platz im ganzen Auto gewinnen!

Als Leiter der Konstruktionsabteilung lernt man nie aus.

Aufgrund der Vielzahl meiner aktuellen Aufgaben habe ich wenig Zeit für zusätzliche Schulungen, weshalb ich versuche, das Wissen vor allem von dem bereits erwähnten Herrn Straub aufzusaugen. Er hat schließlich die Entwicklungsabteilung bei Aircom aufgebaut. Ich bringe oft verschiedene Herausforderungen mit nach Hause und versuche, sie nach Feierabend zu lösen. Ein Senior Designer sagte mir einmal, dass die Arbeit als Ingenieur nicht die einfachste ist, weil man oft verschiedene Herausforderungen und Rätsel mit nach Hause bringt. Ich bin ein Mensch, der nicht eher ruht, bis er eine Lösung für ein lästiges Problem gefunden hat – was mir manchmal ganz schön auf die Nerven geht (lacht). Ich erweitere mein Wissen über konventionelle Quellen – Literatur und Internet. Außerdem hole ich mir Rat bei erfahrenen Kollegen. Hervorzuheben ist die richtige Forschungseinstellung, die Neugierde und die Bereitschaft, sich gründlich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Nur mit dieser Einstellung können wir erwarten, dass sich die Antworten auf die Fragen im Grunde von selbst ergeben. Wenn wir jeden Aspekt, jedes Detail des Problems analysieren, können wir zu wertvollen Schlussfolgerungen kommen. Der Teufel steckt im Detail!

Die Tatsache, dass wir eine echte Entwicklungsabteilung haben – und ich weiß, dass es nicht viele davon in diesem Bereich gibt – ermöglicht es uns bei Aircom, Forschung vom Konzept bis zur Einführung am Fließband zu betreiben und so umfangreiche Erfahrungen innerhalb der Mauern unseres Unternehmens zu sammeln. Ich denke, dass dies ein Wettbewerbsvorteil sowohl für unser Unternehmen als auch für uns als Fachleute ist. Seitdem ich am Einstellungsverfahren für meine Abteilung teilnehme, habe ich die Kluft zwischen unseren Ingenieuren und den Kandidaten, die von anderen Unternehmen zu uns kommen, bemerkt. Leute im gleichen Alter, an den gleichen Universitäten, die bei uns arbeiten, wissen viel mehr und sind in der Lage viel mehr selbstständig zu machen, als Mitarbeiter von konkurrierenden Unternehmen.

Das ist ein Vorteil, der sich aus dem Standort der Entwicklungsabteilung innerhalb der Firmenstruktur ergibt. Die aktuellen Trends sind global gesehen ganz anders – viele Dienstleistungen sind extern angesiedelt. Im Grunde wird alles ausgelagert und das Unternehmen stellt nur noch fertige Komponenten zusammen. Wir schwimmen in diesem Bereich ein wenig gegen den Strom und eine solche Herangehensweise bringt messbare Vorteile. Wir testen unsere Konzepte in Laboren, und wir bauen die Anlagen für die Produktionslinien selbst und produzieren schließlich im eigenen Haus. Das lehrt uns einen Querschnitt, indem wir verschiedene Designherausforderungen in jeder Phase der Produktentwicklung visualisieren.

Während unseres Gesprächs haben Sie manchmal direkt und manchmal zwischen den Zeilen gesagt, was das Unternehmen sowohl einem Anfänger als auch einem erfahrenen Konstrukteur geben kann. Ich möchte Sie nun fragen, was der Konstrukteur tun sollte, um den Weg zu unserem Unternehmen zu finden.

Wenn Sie in einer echten Entwicklungsabteilung arbeiten, ist die Fähigkeit Software zu nutzen, nur eine Form der Nutzung eines Werkzeugs. Es ist wie bei einem Schmied, der einen schwarzen und einen grünen Hammer hat. Die Kenntnis von Software ist die Fähigkeit eines Zeichners. Software ist nicht das Wichtigste in der Entwicklung. Es kommt auf gute technische Grundlagen in Physik und Mathematik an. Eine analytische Herangehensweise an das Problem, die ich bereits erwähnt habe, ist ebenfalls der Schlüssel zum Erfolg des Konstrukteurs. Es ist wichtig, in eine Art kreativen Modus zu wechseln – das ist wahrscheinlich die wichtigste Fähigkeit, die wir von neuen Mitarbeitern erwarten. Und warum? Nun, nach dem Abschluss des Studiums kommt ein junger Ingenieur mit verschiedenen Einschränkungen zu uns. Am Polytechnikum lernen wir – ich spreche hier auch als Absolvent – die einzig richtige Herangehensweise an ein Problem kennen. Wir lernen, Schemata zu erstellen. Und mit den Schemata können wir höchstens durchschnittliche Produkte herstellen – was wir bei Aircom ja nicht wollen, weil wir den Markterfolg anstreben. Die akademische Herangehensweise ist in Ordnung, solange sie durch eine umfassende Analyse ergänzt wird, die sich nicht scheut auch die ungewöhnlichsten – oder einfach nur kreative – Fragen zu stellen. Man braucht Mut. Der Designer darf sich nicht scheuen, Fragen zu stellen, bisherige Errungenschaften in Frage zu stellen – manchmal muss er etwas anders machen als die anderen. Das heißt natürlich nicht, dass alles konträr gemacht werden soll. Ich will damit nur sagen, dass es sich manchmal lohnt, vom vorher eingeschlagenen Weg abzuweichen.

In der Nähe der Aircom-Zentrale gibt es viele Konstruktionsbüros, in denen die Ingenieure nach den Vorgaben des Kunden arbeiten und ein bestimmtes Werkzeug darstellen. Auf der anderen Seite legen Sie Wert auf eigenständiges Denken und Kreativität in Ihrem Team. Gibt es einen goldenen Mittelweg, einen goldenen Schnitt zwischen universitärem Fachwissen plus Softwarekenntnissen und dem offenen Forschungsansatz, von dem Sie sprechen?

Einen solchen goldenen Schnitt kenne ich nicht. Aber ich wage zu behaupten, dass das Erfolgsrezept in der Entwicklungsabteilung von Aircom lautet: 50% Kreativität, 40% technische Grundlagen und Wissen und 10% Einsatz von Instrumenten wie Excel oder CAD.

Klingt sehr ungewöhnlich, wenn man die Bedingungen des lokalen Arbeitsmarktes in unserer Branche berücksichtigt!

Absolut richtig. Aber schauen Sie – wenn Sie nicht gerade Förderbandproduktion in Kleinserie betreiben, dann sind CAD-Kenntnisse wirklich keine primäre Fähigkeit. Denken Sie daran, dass wir bei Aircom die Produktentwicklung betreiben, also langfristig arbeiten, manchmal in einer Perspektive von ein paar Jahren. Beobachtungen, Kommentare und Tests sind wichtiger. Sie werden hier einen Entwickler mit einem Funkeln in den Augen finden, der sich auf den nächsten Tag der Experimente und deren Bestätigung freut. Solche Menschen sind am erfolgreichsten!

Wir haben festgestellt, dass die Universitäten den Absolventen nur teilweise auf den beruflichen Erfolg vorbereiten. Und wie sieht die geschäftliche Zusammenarbeit mit Fachhochschulen Ihrer Meinung nach aus?

Nun, ich habe einige Erfahrungen in der Zusammenarbeit mit Universitäten gemacht. Ich hatte den Eindruck das die Universitäten, die nach Antworten auf unsere Fragen suchten, eine Kanone benutzen um auf Spatzen zu schießen. Wir brauchten einmal Hilfe bei Berechnungen, weil wir keine Software hatten, um sie durchzuführen. Ich ging zu meinen ehemaligen Professoren und bat sie um Hilfe. Sie sagten, das sei kein Problem. Der Preis, den sie für diese Dienstleistung verlangten, war jedoch horrend und der Umfang der angeblich notwendigen zusätzlichen Tests stand in keinem Verhältnis zu unseren Bedürfnissen. Es stellte sich heraus, dass kommerzielle Unternehmen für den gleichen Service einen fast doppelt so niedrigen Preis anbieten können!

Ein weiteres Problem ist das Arbeitstempo der Forscher. Wir haben uns einmal mit Professoren getroffen, um die Konzeption und Modernisierung bestimmter Produktionsbereiche bei Aircom zu besprechen. Die von der Universität gesetzte Frist für die Umsetzung des Konzepts traf jedoch die Frist, die wir für die Produktionsumsetzung gesetzt hatten! Ich will nicht urteilen, vielleicht resultiert diese Verzögerung aus anderen wissenschaftlichen Belastungen, die mir nicht bekannt sind. Tatsache ist aber, dass kommerzielle Unternehmen einfach schneller und billiger sind.

Den hiesigen Universitäten fehlt der Marktansatz. Ich mag mich irren, aber ich glaube, unsere Hochschulen können mit der Industrie nicht mithalten. Im Westen sind die Hochschulen die Speerspitze des Fortschritts. Sie initiieren Innovationen und regen die Industrie zum Handeln an. Ich habe den Eindruck, dass in diesem Teil Europas genau das Gegenteil der Fall ist. Natürlich verallgemeinere ich ein bisschen. Es gibt sicher Beispiele für vorbildliche Kooperationen zwischen Hochschulen und Wirtschaft. Aber meine bisherigen Erfahrungen lassen ziemlich eindeutige Schlüsse zu.

Sehen Sie also eine Möglichkeit, Universität und Wirtschaft näher zusammenzubringen?

Schwer zu sagen, warum die Dinge so sind, wie sie sind. Vielleicht liegt der Grund im Mangel an Ressourcen, die für die Forschung notwendig sind. Damit will ich nicht sagen, dass es an polnischen Universitäten keine wertvollen, extrem talentierten Leute gibt – im Gegenteil, ich denke, es gibt viele von ihnen! Ich denke, es ist eher ein Problem des Systems.

Bei Aircom haben wir über Praktikumsprogramme nachgedacht, die neuen Ingenieuren einen schnelleren Start ermöglichen würden. Das erste Arbeitsjahr eines neuen Mitarbeiter besteht eigentlich hauptsächlich nur aus Lernen. Erst nach dieser Zeit beginnt der Ingenieur echten Nutzen für das Unternehmen zu bringen. In diesem ersten Jahr besteht die Gefahr, dass ihm etwas nicht gefällt – und wir fangen wieder von vorne an.

Um auf mein Aufbaustudium zurückzukommen – es kamen Leute aus der Industrie in die Klassen und teilten ihr Wissen mit uns. Es waren prominente Leute: Geschäftsführer und Vorstandsmitglieder aus der Industrie. Sie sprachen über den täglichen Arbeitsmodus, die verschiedenen Herausforderungen, die jeder neue Tag an sie stellte. Und diese Vorträge stellten meiner Meinung nach einen bedeutenden Wert meines Studiums dar! Erst in der Zusammenarbeit zwischen Marktrealität und Praxis gewinnt der Student an Kraft und sieht eine breitere Perspektive für die Entwicklung. Diese Aussagen haben uns die Augen geöffnet.

Natürlich sind die Universitäten unverzichtbar. Die technische Basis – Wissen über die Gesetze der Physik, Mathematik, Mechanik, die Fähigkeit Berechnungen durchzuführen und logisches Denken – die Studenten erwerben ist die absolute Grundlage für die Arbeit eines Entwicklers. In diesem Fall erfüllt dies die Technische Universität Breslau zu 100 %.

Kuba, erzählen Sie mir zum Schluss noch, was Sie außerhalb Ihrer Arbeitszeit machen wenn Sie es schaffen, in Ihrem extrem aktiven Berufsleben etwas freie Zeit zu finden?

Nun… ich habe vor kurzem angefangen Gitarre zu spielen. Ich habe vor zwei Jahren mit Akustikgitarre angefangen. Aber seit einigen Monaten spiele ich auch E-Gitarre. Ich habe eine Fender Stratocaster. Ich muss sagen, ich habe mich wirklich darauf eingelassen (lacht). Es ist für mich ein toller Ausgleich zu der Arbeit! So ein Gitarrenspiel am Abend entspannt meinen Geist total und gibt mir ein gutes Gefühl für den nächsten Tag.

Das ist verrückt, denn obwohl mir noch viele Fähigkeiten fehlen, bin ich zweimaliger Guinness-Weltrekordhalter (lacht). Wie Sie wahrscheinlich wissen, wird der Guinness-Weltrekord im Gitarrenspiel jedes Jahr im Mai auf dem Breslauer Marktplatz aufgestellt. Ich versuche, regelmäßig an dieser Veranstaltung teilzunehmen. Ich mache das schon seit 3 Jahren. Es gibt eine interessante Geschichte, die mit dieser Veranstaltung verbunden ist. Nun, ich habe mit meinem Vater gewettet, dass ich die Akkorde für das Lied „Hey Joe“ von Jimi Hendrix in einer Woche lernen würde. Das waren meine Anfänge mit der Gitarre. Ich arbeitete hart, übte akribisch, aber am Ende war ich nicht wirklich zufrieden. Ich erhielt zwar das Zertifikat, aber dann entschloss ich mich meine erste Gitarre zu kaufen und fleißig zu lernen, wie man richtig spielt.

Komponieren Sie selbst oder covern Sie die Songs?

Ich versuche eher, bereits existierende Songs zu spielen. Ich gehe davon aus, dass ich erst vernünftig spielen lernen muss und danach erst kann ich mich ins kalte Wasser stürzen und mit dem Komponieren beginnen. Die Red Hot Chili Peppers kommen für mich am ehesten in Frage, weil ich diese Band mag und ihre Songs gut kenne. Ihr Gitarrist, John Frusciante, hat die gleiche Gitarre gespielt, die ich habe.

Mein Vater ist ein ziemlich guter Gitarrist und hat einmal versucht, seine Leidenschaft auf mich zu übertragen. Ich war damals vielleicht 10 Jahre alt und war ein bisschen entmutigt von den Akkorden, die einfach zu kompliziert waren – besonders F-Dur (lacht). Ich musste also ein wenig älter werden, denn nach einigen Jahren und den ersten Versuchen auf der Gitarre wird mir diese Leidenschaft nie langweilig.

Können Sie jetzt endlich dieses F-Dur spielen?

Jetzt kann ich es ohne Probleme! (lachen)